Montag, 7. Mai 2018

der Weg durchs Tal

Hallo ihr Lieben! 
Es wird wieder Zeit zu aktualisieren. Zu Beginn möchte ich euch nochmal auf den Bericht von Jenke von Wilmsdorff aufmerksam machen, der heute Abend auf RTL läuft.


Ich habe gestern eine Vorschau gesehen, in der ich auch vorkomme, und es stiegen direkt wieder Tränen auf. Letztendlich hat diese Doku bzw die Aufzeichnungen der Interviews ja meine Fassade zum Bröckeln gebracht.

Seit dem letzten Beitrag, hat sich die Situation immer weiter zugespitzt. Ich bin in Tränen ausgebrochen, sobald mich jemand gefragt hat, wie es mir geht. Auf der Arbeit habe ich ständig mit den Tränen gekämpft, ich habe plötzliche Weinkrämpfe bekommen, sobald ich allein im Auto war und zu Hause bin ich bei jeder Kleinigkeit an die Decke geggangen. Irgendwann haben sich meine Jungs abends gestritten und sich angebrüllt und ich saß in der Küche,  hab mir die Ohren zugehalten und geweint. Ich hab das alles nicht mehr ertragen. Mein Großer stand dann weinend vor mir, zeigte auf seine Brust und meinte: "Mama, das tut mir hier weh, wenn du weinst!"
Was soll man da sagen... wie soll ich ihm erklären, was mit mir los ist, und dass sie keine Schuld daran tragen. Wie soll ich Verständnis und Rücksichtnahme von zwei Kindern erwarten, die schon 1,5 Jahre Rücksicht auf ihre kranke Mama nehmen müssen. 

Seit Anfang März bin ich nun krankgeschrieben. Es hat ein paar Wochen gebraucht, bis ich nicht mehr jeden Tag weinen musste. Aber es wird langsam besser. Und grade beim kleinen Olchi merke ich sehr starke Veränderungen. Er war zeitweise sehr aggressiv und "bockig", jetzt ist er viel ausgeglichener und zufriedener. 

Der große Olchi ging Anfang April zur Erstkommunion. Währenddessen ging es mir erstaunlicher Weise relativ gut. Ich hatte auch tolle Hilfe, sonst hätte ich das gar nicht geschafft. Aber danach hab ich eine Woche vormittags geschlafen, um mich zu erholen. Bei mir scheint der Knüppel immer hinterher zu kommen.

Bei der Gesprächstherapie hatte ich schon ein Aufnahmegespräch und bin nun auf der Warteliste. Aber der Psychiater hat mir noch Ergotherapie verordnet. Auch wenn ich nicht 100%ig weiß,  was da genau passiert, so nehme ich doch alles an Hilfe an, die mir angeboten wird. Auch da hatte ich schon das Vorgespräch und nächste  Woche geht es los!

Der Sport liegt auch noch auf Eis, da ich jetzt die zweite Angina in drei Wochen hab. Als ich noch in der Kita war, waren viele krank,  nur ich nicht (also jedenfalls keine Infektionskrankheiten). Nun bin ich zu Hause und die Seuche überfällt mich - und keiner sonst in der Familie hat irgendwas.

Die Kita ist noch etwas, was mir immer im Hinterkopf liegt. Früher bin ich immer mal wieder zu Besuch dort gewesen, um den Anschluss nicht zu verlieren und mich mal blicken zu lassen. Jetzt trau ich mich gar nicht mehr hin. Die Kinder freuen sich so sehr, wenn sie einen sehen. Aber was soll ich ihnen antworten, wenn sie fragen,  wann ich wiederkomme? Oder meinen Kollegen? Ich habe nach einer ziemlich krassen Zeit, endlich das Team von Kollegen gehabt, die auch einfach "Bock" auf die Arbeit hatten und Lust, Dinge umzusetzen. Jetzt lasse ich sie wieder hängen und bin nicht da. Sie sind wirklich sehr verständnisvoll und machen mir keinerlei Vorwürfe,  das schaff ich schon allein. Auch wenn ich weiß,  dass ich nichts dafür kann.
Ich war immer die Macherin, Planerin, gerne vorne mit dabei und lustig drauf. Jetzt ertrag ich ganz viel nicht mehr. Während der Krebstherapie hab ich mich so sehr auf die Arbeit gefreut und jetzt bin ich vor jedem Arzttermin ein nervliches Wrack, weil ich Angst habe, der Arzt versteht mich nicht und schickt mich wieder arbeiten.
Ich - die immer gern Erzieherin war, die ständig gesungen und getanzt hat, seit der Teenagerzeit immer mit Kindern zu tun hatte, ob privat oder beruflich. Ich kann es nicht mehr. Vielleicht irgendwann mal, aber grade nicht!

Es ist schlichtweg Scheiße, wenn einem etwas genommen wird, worauf man sich immer verlassen konnte. Das zu verdauen und wieder grade zu biegen wird dauern, fürchte ich.

 Während der Krebstherapie hab ich oft von Betroffenen gehört, dass hinterher nichts mehr ist wie vorher. In gewisser Weise ist das ja auch verständlich. Aber ich habe wirklich geglaubt, dass man mit etwas Willenskraft dagegen angehen kann und sich selber treu bleiben kann.
Tja - denkste. NIEMALS hätte ich damit gerechnet, dass es mich so ausknockt. Klar, mal so ein paar schwarze Tage - aber dass ich nach nichtmal 5 Monaten Arbeit quasi berufsunfähig bin, damit hätte ich jede Wette verloren.

Ja... so sieht es aktuell bei mir aus. Aber ich finde es wichtig,  dass auch über das "Danach" gesprochen werden muss. Wie oft höre ich: "Cool, du hast ja wieder ne richtige Matte auf dem Kopf, dir geht es ja wieder richtig gut, oder?"
Ja einen Beinbruch sieht man eindeutiger. Ich kann nicht in ein, zwei Sätzen erklären, wie es mir wirklich geht. Und vor allem so, dass es wirklich jeder nachvollziehen kann. Denn wenn man mich manchmal sieht, würde man das niemals vermuten. Ja ich hab auch schöne Momente oder auch Tage, und grade in Gesellschaft lache ich auch und mache meine Witze. Wie antriebslos ich aber meist zu Hause sitze und nichts schaffe, sieht man ja nicht . Es sei denn man kommt mal sponatan zu Besuch 🙈

Für heute beende ich mal meinen Roman und wünsche euch ein paar sonnige Tage und schaltet heute Abend mal den Fernseher ein 😉

Liebe Grüße aus dem sonnigen Rheinland

Sonntag, 25. Februar 2018

die Zeit danach

Es ist schon etwas her, seit ich den letzten Post verfasst habe. Aber nun wird es mal wieder Zeit.
Wenn mich aktuell jemand fragt, wie es mir geht, dann mag ich eigentlich gar nicht antworten. Denn "Gut, danke!" wäre gelogen. Natürlich sieht man es nicht auf den ersten Blick, denn ich lache ja trotzdem noch, aber ich weine auch viel. So kenne ich  mich gar nicht - das ist wohl das Schlimmste daran.

Am Montag hatte ich einen Interviewtermin mit RTL, für eine Dokumentation von Jenke von Wilmsdorff über Brustkrebs. Dort waren 10 Frauen und ein Mann, die interviewt wurden. In der Zwischenzeit saßen wir zusammen und erzählten und hatten auch jede Menge Spaß.  Doch eine Teilnehmerin,  deren Krankheit ca 4 Jahre zurückliegt, erzählte irgendwann ihre Geschichte. Sie hatte 2 kleine Kinder und ist nach Therapieende wieder arbeiten gegangen. 16Stunden in der Woche - so wie ich jetzt. Nach einem Jahr ist sie zusammenbegrochen und wusste nicht mehr, ob sie Männlein oder Weiblein ist. Während sie so erzählte, wurde der Kloß in meinem Hals immer größer. Sie hatte das erlebt, auf das ich grade zusteuere. Und irgendwann brach ich in Tränen aus.

Ich arbeite seit November wieder 16Stunden an drei Tagen der Woche. Über Weihnachten hatte ich drei Wochen Urlaub, die ich auch mehr als nötig hatte. Man sagt sich selber, dass man sich halt Zeit geben muss, um sich wieder an alles zu gewöhnen und alles (Haushalt, Arbeit,  Kinder) unter einen Hut zu bekommen. Aber irgendwie will es nicht besser werden, auch wenn der Urlaub erstmal geholfen hat. Man wird immer müder und das Nervenkostüm immer dünner. Wenn man morgens arbeiten geht, ist es somit abends nur noch hauchdünn. Zum Leidwesen meiner Kinder. Man versucht weiterzumachen und hofft, dass die Zeit es schon richten wird. Es sind doch auch "nur" 16 Stunden. Andere arbeiten doch viel mehr. Und dann erzählt jemand anders quasi deine Geschichte und berichtet, dass es eben nicht einfach so besser wird,  und dass sie es auch mit 16 Stunden und zwei Kindern eben nicht geschafft hat. Irgendwie war es auch schön zu hören, dass es anderen auch so geht. Und dass sogar Gutachter der Rentenversicherung dieses Krankheitsbild nach einer Krebstherapie kennen und anerkennen.
Aber seitdem bin ich äußerst nah am Wasser gebaut und kann eben nicht einfach mit "Mir geht es gut" antworten. Und das alles zeigt mir, dass da wirklich etwas ist, was nicht in Ordnung ist. Deswegen werde ich mir nun Hilfe suchen.
Ich bin so platt, dass mir alles sehr schwer fällt grade. Ich schlafe auch viel, bzw brauche viel Schlaf. 
Als ich noch in der Wiedereingliederung war, hatte ich geregelte Arbeitszeiten und war um 13h bzw 14h fertig. Danach hat meine Freundin ein paar Häuser weiter mich mit auf ihre Gassirunde genommen. Wir haben sogar mit Lauftraining angefangen. Doch seit ich wieder voll drin bin, schaffe ich das aufgrund der Arbeitszeiten nicht mehr, da ich ja Nachmittags die Kinder abholen muss und abends bin ich einfach zu kaputt. Daher reicht es momentan für alle zwei Wochen mal ne Gassirunde. Ich weiß auch nicht, wie ich das irgendwie ändern kann. Denn eigentlich weiß ich ja, dass grade die Bewegung mir gut tut. Aber es ist ein Teufelskreis.
Ich will eigentlich gar nicht so rumjammern, aber viele denken, dass es nach der Therapie alles wieder gut ist. Dass man wieder gesund ist und es nun weiter geht. 
Aber es geht nicht weiter. Man muss neu anfangen. Mit einem neuen Ich, mit einem neuen Äußeren, mit viel weniger Energie. Und das muss man einfach so hinnehmen und damit klarkommen. Sich das selber einzugestehen ist nicht schön. Der scheiß Krebs kommt einfach und zerstört einfach dein Leben. Und selbst wenn er weg ist, hinterlässt er einen Trümmerhaufen. Den wieder neu Aufzubauen kostet unheimlich viel Kraft. Aber die wird schon von den Kindern, vom Haushalt, von der Arbeit aufgebraucht. 
Ja, ich werde mir Hilfe holen, aber trotzdem weiß ich,  dass man gut ein halbes Jahr warten muss, bis man einen Therapieplatz bekommt. Das macht nicht grade Mut. 

Bald hab ich den Termin zur Nachsorge, da werd ich das ansprechen. Immerhin der erste Schritt...