Sonntag, 25. Februar 2018

die Zeit danach

Es ist schon etwas her, seit ich den letzten Post verfasst habe. Aber nun wird es mal wieder Zeit.
Wenn mich aktuell jemand fragt, wie es mir geht, dann mag ich eigentlich gar nicht antworten. Denn "Gut, danke!" wäre gelogen. Natürlich sieht man es nicht auf den ersten Blick, denn ich lache ja trotzdem noch, aber ich weine auch viel. So kenne ich  mich gar nicht - das ist wohl das Schlimmste daran.

Am Montag hatte ich einen Interviewtermin mit RTL, für eine Dokumentation von Jenke von Wilmsdorff über Brustkrebs. Dort waren 10 Frauen und ein Mann, die interviewt wurden. In der Zwischenzeit saßen wir zusammen und erzählten und hatten auch jede Menge Spaß.  Doch eine Teilnehmerin,  deren Krankheit ca 4 Jahre zurückliegt, erzählte irgendwann ihre Geschichte. Sie hatte 2 kleine Kinder und ist nach Therapieende wieder arbeiten gegangen. 16Stunden in der Woche - so wie ich jetzt. Nach einem Jahr ist sie zusammenbegrochen und wusste nicht mehr, ob sie Männlein oder Weiblein ist. Während sie so erzählte, wurde der Kloß in meinem Hals immer größer. Sie hatte das erlebt, auf das ich grade zusteuere. Und irgendwann brach ich in Tränen aus.

Ich arbeite seit November wieder 16Stunden an drei Tagen der Woche. Über Weihnachten hatte ich drei Wochen Urlaub, die ich auch mehr als nötig hatte. Man sagt sich selber, dass man sich halt Zeit geben muss, um sich wieder an alles zu gewöhnen und alles (Haushalt, Arbeit,  Kinder) unter einen Hut zu bekommen. Aber irgendwie will es nicht besser werden, auch wenn der Urlaub erstmal geholfen hat. Man wird immer müder und das Nervenkostüm immer dünner. Wenn man morgens arbeiten geht, ist es somit abends nur noch hauchdünn. Zum Leidwesen meiner Kinder. Man versucht weiterzumachen und hofft, dass die Zeit es schon richten wird. Es sind doch auch "nur" 16 Stunden. Andere arbeiten doch viel mehr. Und dann erzählt jemand anders quasi deine Geschichte und berichtet, dass es eben nicht einfach so besser wird,  und dass sie es auch mit 16 Stunden und zwei Kindern eben nicht geschafft hat. Irgendwie war es auch schön zu hören, dass es anderen auch so geht. Und dass sogar Gutachter der Rentenversicherung dieses Krankheitsbild nach einer Krebstherapie kennen und anerkennen.
Aber seitdem bin ich äußerst nah am Wasser gebaut und kann eben nicht einfach mit "Mir geht es gut" antworten. Und das alles zeigt mir, dass da wirklich etwas ist, was nicht in Ordnung ist. Deswegen werde ich mir nun Hilfe suchen.
Ich bin so platt, dass mir alles sehr schwer fällt grade. Ich schlafe auch viel, bzw brauche viel Schlaf. 
Als ich noch in der Wiedereingliederung war, hatte ich geregelte Arbeitszeiten und war um 13h bzw 14h fertig. Danach hat meine Freundin ein paar Häuser weiter mich mit auf ihre Gassirunde genommen. Wir haben sogar mit Lauftraining angefangen. Doch seit ich wieder voll drin bin, schaffe ich das aufgrund der Arbeitszeiten nicht mehr, da ich ja Nachmittags die Kinder abholen muss und abends bin ich einfach zu kaputt. Daher reicht es momentan für alle zwei Wochen mal ne Gassirunde. Ich weiß auch nicht, wie ich das irgendwie ändern kann. Denn eigentlich weiß ich ja, dass grade die Bewegung mir gut tut. Aber es ist ein Teufelskreis.
Ich will eigentlich gar nicht so rumjammern, aber viele denken, dass es nach der Therapie alles wieder gut ist. Dass man wieder gesund ist und es nun weiter geht. 
Aber es geht nicht weiter. Man muss neu anfangen. Mit einem neuen Ich, mit einem neuen Äußeren, mit viel weniger Energie. Und das muss man einfach so hinnehmen und damit klarkommen. Sich das selber einzugestehen ist nicht schön. Der scheiß Krebs kommt einfach und zerstört einfach dein Leben. Und selbst wenn er weg ist, hinterlässt er einen Trümmerhaufen. Den wieder neu Aufzubauen kostet unheimlich viel Kraft. Aber die wird schon von den Kindern, vom Haushalt, von der Arbeit aufgebraucht. 
Ja, ich werde mir Hilfe holen, aber trotzdem weiß ich,  dass man gut ein halbes Jahr warten muss, bis man einen Therapieplatz bekommt. Das macht nicht grade Mut. 

Bald hab ich den Termin zur Nachsorge, da werd ich das ansprechen. Immerhin der erste Schritt...